Tag 69: Pereje(E)-Triacastela, 12h, 13°C



Ich habe sehr gut geschlafen, bin trotzdem froh, dass heute Samstag ist und folglich morgen Ruhetag. Ich gehe alleine los, die beiden andere schlafen noch - um 8:00, das ist doch etwas ungewöhnlich in Herbergen.
Heute geht es noch einmal in höhere Lagen, von 550 Hm in Pereje auf 1330 Hm in O Cebreiro.

Nach einigen Kilometern komme ich nach Trabadelo.



Die Lastkraftwagen schleppen sich und ihre Güter durch das Tal hoch, zum Glück kann ich meist abseits der Strasse laufen.



In La Portela steht ein Wegweiser, nur noch 190 Km nach Santiago, scheinbar 559 Km von Roncesvalles hierher. Es gab allerdings einige Varianten auf dem Weg. Welcher Weg hier gemeint ist, ist nicht angegeben.



Ambasmestas, ein kleines Dorf unter der Autobahn.




Kurz darauf komme ich nach Vega de Valcarce. Bei einem vorbeifahrenden Bäckerwagen kann ich süsse Stückchen kaufen.



Die Autobahn windet sich kühn durch die Höhen.





Scheinbar regnet es in den Bergen, der kleine Bach führt Hochwasser. Ich komme auch kurz in einen Schauer, der ist nach wenigen Minuten allerdings schon wieder vorbei.



Dann ist die Autobahn plötzlich verschwunden, in einem Seitental oder Tunnel. Ich bin auf einmal alleine, ohne das ständige Brummen. Wunderbar!
Es geht nun eine steile bewaldete Bergflanke hoch.




Auf einmal stehe ich in einem kleinen Bergdorf. Die Kirche steht etwas abseits. Ich gehe hin - und sie ist offen. Schön, selten in Spanien.





Neben der Kirche steht eine schöne Pilgerstatue. Dann spricht mich eine Frau aus der Herberge daneben an. Der Dialekt kommt mir bekannt vor. Gut gehört, sie ist aus dem hohen deutschen Norden. Es handelt sich um eine Herberge, die von einer deutschen Jakobsgesellschaft Ultreia aus Stuttgart betreut wird.
Uta heisst die Frau, sie hat gestern die Herberge eröffnet und richtet sich noch ein. Sie wird einige Wochen bleiben und die Herberge in Schuss halten.
Sie hat Probleme mit der Satellitenverbindung für den Computer. Ich versuche zu helfen, was mir leider nicht gelingt, der Rechner kann keine Verbindung aufbauen zur Aussenwelt.

Uta kocht eine sehr gehaltvolle Suppe und lädt mich ein. Zwei weitere Deutsche treffen lautstark ein, ein älteres Paar, vom Via de la Plata aus Sevilla kommend. Sie sind nur am schimpfen wie kalt und schlecht organisiert alles wäre. Dann erzählen sie ausgiebig von luxuriösen Motorrad- und Bootstouren. Puh, ich bin froh weiter gehen zu können und mir sowas nicht den ganzen Tag anhören zu müssen.



Das Wetter wird stets besser, gute Sicht ins Tal.



Es geht recht rustikal zu hier oben.





Dann komme ich auf die Höhe im Dorf O Cebreiro. Hier steht wieder einer der wunderbaren Bildstöcke mit den zwei behauenen Seiten. Auf der einen Seite Maria mit dem Jesuskind auf dem Arm.



Auf der anderen Seite der gekreuzigte Jesus.


O Cebreiro sieht aus wie ein Museumsdorf, mit vielen strohgedeckten Rundhäusern, Palloza genannt. Diese gehen auf die keltische Bautradition zurück mit mehr als 2.500 jähriger Geschichte.



Die Kirche Santa Maria, eine der ältesten Kirchen am spanischen Camino.

O Cebreiro besteht als Pilgerstation, seit Alfons II der Keusche 836 hier ein Pilgerhospital und ein Kloster zu dessen Betreuung stiftete. Berühmt ist es durch ein Hostienwunder, das sich im Jahr 1300 hier zugetragen haben soll: Ein frommer Bauer kommt trotz Sturm den Berg hinauf zur heiligen Messe, die ein an Gott zweifelnder Mönch zelebriert. Er macht sich insgeheim lustig über den Bauern. Während der Eucharistie wandelt sich jedoch tatsächlich Brot und Wein in Fleisch und Blut Christi, worauf der Mönch geheilt ist.

Das "Wunder von O Cebreiro" ist ein durch die katholische Kirche offiziell anerkanntes Hostienwunder (durch Papst Innozenz VIII., 1484–1492, und Papst Alexander VI. 1492–1503). Die Katholischen Könige stifteten ein Bergkristallfläschchen für "Fleisch und Blut", die Wallfahrt zu Ehren des Wunders findet jeweils am 8./9. September statt.

Dieser „galicische Heilige Gral“ ging ins galicische Wappen ein und soll Inspiration für Richard Wagners musikalisches Schaffen gewesen sein. (Quelle: Wikipedia)






Ich bin nun in Galicien (nicht zu Verwechseln mit dem polnischen Galizien), der Provinz des Camino Frances in der Santiago liegt.



In O Cebreiero soll es eine gute Herberge geben, aber der Ort ist förmlich überschwemmt von spanischen Jugendlichen. Die sind mit einigen Bussen angereist, den Lärm in der Herberge will ich mir nicht antun. Ich entschliesse mich weiterzugehen. Nach einigen Kilometern komme ich zur Passhöhe Alto do San Roque. In O Cebreiero haben mich zwei Radpilger überholt, hier sehe ich sie wieder. Sie sind nicht viel schneller, der Weg ist wohl mühsam zu fahren.







Der Weg breitet sich vor mir aus, ich werde in den kommenden Stunden wieder absteigen auf 665 Hm.



Hospital de la Condesa, meine Hoffnung auf eine Bar für einen starken Café erfüllt sich leider nicht.



Es gibt jedoch eine vom Stil her ähnliche Kirche wie in O Cebreiro.






Hölzerne Wagenräder an der Hauswand, sie wirken mittelalterlich. Ich kenne eher die hölzernen Speichenräder aus Mitteleuropa, auch von alten Gemälden.



Dann komme ich endlich nach Triacastela, nicht ohne vorher noch ausgiebig eingeregent worden zu sein von Schauern. Ich fühle mich recht geplättet, der Abstieg hat sich lang gezogen, am Ende ging es recht steil abwärts. Dazu noch ordentlich Kilometer. Aber es ist Samstagabend, jetzt noch eine Herberge suchen, dann nehme ich mir einen Tag Pause.

Die Herberge ist recht voll, ich sehe einige bekannte Gesichter wieder. Erst duschen, dann koche ich. Allerdings habe ich nicht viel Auswahl, aber es sind genug Reste in der Küche zurückgelassen von anderen Pilgern, so dass ich mir eine ausgiebige Mahlzeit kochen kann.

Morgen werde ich ausschlafen und lesen.