Tag 50: Pamplona(E)-Puente la Reina(E), 7h, 19°C



Die Nacht war ruhig, ich habe durchschlafen können und bin gut erholt. Etwas essen auf dem Zimmer, dann geht es los. Herrliches Wetter, endlich wieder Sonnenschein!
Ich komme schnell aus der Stadt, am Stadtrand noch einen Café trinken und ein süsses Stückchen essen. Die Menschen eilen zur Arbeit, in die Stadt hinein. Ich habe eine andere Richtung, aus der Stadt hinaus Richtung Westen. Jetzt geht es nur noch westlich, eine fast direkte Linie nach Santiago.

Dieses Kreuz steht bei der Universität Pamplonas. Dort gibt es beim Empfang einen Jakobs-Stempel, ich bin ganz stolz auf ihn und mache mich auf den weiteren Weg.



Ich überquere die A15, sie führt über Zaragoza nach Barcelona an das andere Ende der Pyrenäen am Mittelmeer.



Cizur Menor, einige Kilometer hinter Pamplona. Im Refugio dort haben fast alle der Pilger aus Roncesvalles übernachtet, wie ich später erfahre.

Kurz nach der Aufnahme stolpere ich auf diesem Gehweg, es fährt mir dabei dermassen in den Rücken, das ich fast keine Luft mehr kriege. Ich habe noch tagelang danach Schmerzen.



Die Kirche von Cizur Menor, leider verschlossen.



Dann geht es hinaus in die Felder, endlich wieder Natur.



Blick zurück nach Pamplona. Im Hintergrund die schneebedeckten Gipfel der Pyrenäen, die ich vor drei Tagen überquert habe.



Zaraquiegui, eine kleiner Ort mit einem interessanten Christusmonogramm.



Das Christusmonogramm, auch Chi-Rho oder Konstantinisches Kreuz genannt, (älter: Christogramm), ist nach dem Kreuz und dem Fisch das am häufigsten verwendete Symbol für Jesus Christus, besonders in der Spätantike.
Zum christlichen Symbol wurde das Christusmonogramm, weil die Ligatur XP die ersten beiden Buchstaben des griechischen Wortes für Christus verbindet, es ist sozusagen eine Abkürzung des Wortes Christus. Denkbar ist auch die Interpretation des Symbols als Abkürzung des lateinischen Wortes Pax (Frieden) um den Friedenswillen des Christentums auszudrücken.
Die Laute "Ch" und "R" werden im Griechischen durch die Buchstaben X (Chi) und P (Rho) repräsentiert, die mit den lateinischen Buchstaben X und P optisch identisch sind.
Konstantin der Große soll seiner Armee befohlen haben, es entweder vor der gegen Maxentius entscheidenden Schlacht bei der Milvischen Brücke 312 oder der gegen Licinius entscheidenden bei Adrianopel auf die Schilde und das neu als Feldzeichen eingeführte Labarum zu malen.

Das Christusmonogramm wird seit dem 2. Jahrhundert n. Chr. von den Christen verwendet, um ihren Glauben an Jesus Christus darzustellen und um sich untereinander zu erkennen.
Beachtenswert hierbei ist jedoch der Umstand, dass das Zeichen XP von einigen Gelehrten als Abwandlung heidnischer Zeichen für den Sonnengott angesehen wird. So heißt es in dem Buch The Crucible of Christianity von Arnold J. Toynbee: "Die Ligatur Chi-Rho war jedoch schon in christlichen und in heidnischen Texten verwendet worden". (Quelle Wikipedia)

Im X sind die griechischen Buchstaben Alpha und Omega abgebildet. Sie sind der erste und der letzte Buchstabe des griechischen Alphabets. Alpha und Omega (A und Ω) stellen nach alter Vorstellung die Schlüssel des Universums dar. Sie sind ein Symbol für das Umfassende, die Totalität, für Gott und insbesondere für Christus als den Ersten und Letzten. Alpha und Omega tauchen häufig als Begleitmotiv zum Christusmonogramm auf.
Die symbolische Bedeutung geht zurück auf die Offenbarung des Johannes 22,13: "Ich bin das A und das O, der Erste und der Letzte, der Anfang und das Ende." (Quelle Wikipedia)

Zusätzlich dazu windet sich im unteren Teil ein S um das P sowie ein Kreuzeichen im oberen Teil.

Das S stellt möglicherweise die Schlange dar als Symbol der Sünde. Sie ist am Fuss des Kreuzes abgebildet, Christus hat sie somit besiegt.



Hinter den wenigen Häusern Zaraquiegui sieht man eine Anhöhe, da werde ich wohl hinaufgehen.



Kurz nach dieser Stelle treffe ich Neil und Terry wieder. Am Wegrand ist ein demoliertes Denkmal angebracht für einen Pilger, der hier verstarb.



Dann komme ich auf die Passhöhe Puerto del Perdón. Eine fantastische Aussicht weit in das Land hinein. Die eisernen Pilger trotzen dem ständigen Wind.
Ich habe auf dem Weg hierher zwei Amerikanerinnen überholt, denen ich bisher noch nicht begegnet bin. Sie haben nichts zu trinken dabei und fragen mich nach der Distanz zum nächsten Ort. Ich biete ihnen mein Wasser an und meine, dass es noch einige Kilometer sind. Sind lehnen dankend ab und nehmen stattdessen eine kleine Portion flüssige Kohlenhydrat-Lösung zu sich. Jetzt wird es ja einfach, meinen sie.
Ich möchte sie nicht vom Gegenteil überzeugen, der Abstieg wird nicht einfach werden.



Auf der Anhöhe sind viele Windräder, das habe ich nicht erwartet in Spanien und bin erfreut.





Am Horizont das Ziel der nächsten Tage, ganz leicht sind hinten rechts schneebedeckte Berge zu sehen.



Dann beginne ich mit dem Abstieg vom Pass, nachdem ich noch Brot und Käse gegessen habe.



Der Abstieg ist mühsam. Wochen später höre ich, dass Neil eine der Amerikanerinnen hinutergeschleppt hat. Sie hat sich bereits nach einigen hundert Metern Abstieg die Knie kaputtgelaufen und kann nicht mehr gehen.







Uterga, ein kleiner Ort in der Morgensonne. Leider gibt es keine Bar, ein Café wäre jetzt genau richtig.







Die Sonne wärmt jetzt richtig. Ich habe die komplette Kleidung an, die warm genug für Eistage ist. Nach nur wenigen Stunden geniessen wird die Wärme jetzt schon fast unangenehm. Der Wind ist noch eisig kalt, ich kann meine Jacke nicht ausziehen und lege dafür die Innenjacke (Pullover mit Reisverschluss) ab.



Muruzábal, 296 Einwohner. Hier geht ein Umweg ab zur Kirche Eunate, die der Führer als empfehlenswert beschreibt.



Ich entschliesse mich, den Umweg zu gehen. Das Wetter ist wunderbar, 3 km extra machen da nicht allzuviel aus. Eunate liegt auf dem Camino, der vom Somport-Pass her kommt.



Dann komme ich nach Santa Maria de Eunate und bin begeistert. In der Nähe finden Bauarbeiten statt mit schwerem Gerät. Als ich ankomme, beginnt die Mittagspause und die Arbeiter fahren weg. Es ist still.

"Die Kirche hat einen achteckigen Grundriss und eine außen fünfeckige und innen halbrunde Apsis. Das Oktogon ist kunstvoll mit zwei Portalen und Arkaden versehen, die kleinen Fenster sind aus Alabaster, die Kapitelle und die Portale sind reich verziert. Mozarabische Einflüsse lassen sich an den wulstigen Rippen ablesen, die sich, von den Pfeilern ausgehend, in der Kuppel des Kirchenraums treffen und das Gewölbe tragen.
Außen ist die kleine Kirche parallel zur Außenwand in einigen Metern Abstand von Arkaden umbaut, die dem Bauwerk wohl zu seinem Namen verholfen haben (baskisch: Eunate - hundert Tore, hunderttorig). Der Arkadenumgang ist wiederum von einer Mauer umgeben. Aus den fehlenden Bauspuren schließt man, dass es zwischen Kirche und Arkadenumgang nie eine Überdachung gegeben hat, wie sie andernorts zum Schutz der Pilger vor Witterung und als Übernachtungsmöglichkeit errichtet wurde.
Die Kirche wurde vermutlich in der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts im romanischen Stil und mit mozarabischen Einflüssen erbaut. Da sie von keiner Siedlung umgeben ist und bei Grabungen Gräber mit Muscheln als Grabbeigaben entdeckt wurden, liegt die Vermutung nahe, dass sie als Friedhofs- oder Hospizkirche für Pilger diente. Möglicherweise war sie aber auch eine Kapelle, die die Templer als Heiliggrabkirche nutzten, dafür spricht die Vorliebe – weil orientiert an der Grabeskirche in Jerusalem – der Templer für den Zentralbau. Zudem besteht eine Ähnlichkeit zur nahe gelegenen Heiliggrabkirche in Torres del Río.

Die Lage der Kirche, ihre teilweise ungeklärte Geschichte sowie die spezielle Stimmung in der Kirche regten viele Menschen zu Spekulationen an. So existiert in der Gegend der Kirche eine Sage, die die Ähnlichkeit des Kirchenportals mit dem einer anderen nahen Kirche dem Wirken übernatürlicher Kräfte zuschreibt, während sie wohl nur Beleg für das Wirken des gleichen (unbekannten) Steinmetzen ist. Weiterhin glauben Anhänger bestimmter esoterischer Richtungen, dass Eunate neben Notre Dame de Paris und dem Taj Mahal einer der vier Kraftorte dieser Erde sei." (Quelle Wikipedia)














Die Kirche ist klein und schlicht. Ich sitze eine Weile darin und geniesse die Atmosphäre. Dann singe ich einige Lieder, kann fast nicht mehr aufhören, die Akustik ist phantastisch.
Die Statue der Maria mit ihrem Sohn Jesus fasziniert mich ungemein. Ich meine selten eine schönere und ausdrucksstärkere Darstellung gesehen zu haben.

Diese Kirche ist jeden Umweg wert. Ich bin froh, alleine hier zu sein und die Stille geniessen zu können.



Der Weg geht dann weiter auf dem Camino vom Spomport-Pass her.



In Obanos sehe ich die Strassenarbeiter von Eunate, sie sind in einer Bar und essen. Die Kirche ist leider verschlossen, sie ist aber auch "nur" neugotisch, also um 1910 erbaut.



Es wird immer wärmer, aber ich habe nicht mehr lange zu gehen heute. In Puente la Reina soll es ein gutes Refugio geben.



Puente la Reina (Gares auf baskisch) ist ein Ort mit rund 3.000 Einwohnern in der autonomen Region Navarra. In Puente la Reina vereinigen sich zwei Stränge des Jakobsweges, der aragónische Weg und der navarrische Weg. Den navarrischen Weg bin ich gekommen von Roncesvalles her. Der gemeinsame Weg führt dann über die gleichnamige Brücke, die den Fluss Arga überspannt.



Die Kirche Iglesia del Crucifijo des ehemaligen Templerklosters aus dem 13./14. ten Jahrhundert. Ein Storch hat sein Nest auf dem Turm angelegt. Das werde ich in der Folge in Spanien noch oft sehen.

Das Refugio ist in Ordnung, leider ebenerdig ohne das jemand aufpasst. Es sind ständig irgendwelche Leute vor her Herberge. Ich hoffe, dass meine Gepäck sich nicht selbsständig macht. Es kommen weitere Pilger an, einige kenne ich aus Roncesvalles, andere habe ich heute überholt. Ich mache wie jeden Tag meine Wäsche, setze mich dann barfuss in die Sonne und geniesse die Wärme.
Als dann immer ein Pilger da ist, gehe ich in den Ort.


Das romanische Portal stammt von der Kapelle, die hier vorher stand.



Das spätgotische Y-Kreuz soll aus dem Rheinland stammen.



Die Mariendarstellung ist ähnlich wie die in Puente la Reina, hat aber lange nicht die Ausstrahlung.



Hundert Meter weiter steht die Santiago-Kirche aus dem 12.-16.ten Jahrhundert.



Das Portal dieser Kirche ist ein typisch navarrisches, romanisches Zackenportal.



Im Innern der inzwischen schon übliche Goldprunk.



Die wappengeschmückten Adels- und Bürgerhäuser entlang der alten Hauptstraße sind gut erhalten. Bei vielen finden sich kunstvoll gearbeitete Dachsparren, ein Merkmal der navarrischer Architektur.



Die berühmte Brücke über den Arga, über die hunderttausende Pilder gezogen sind. Auch hier hat es die letzten Tag wohl stark geregnet, es sind Spuren von Hochwasser zu sehen, das Wasser ist ganz braun vom Schlamm.



Das stark befestigte Tor zur Brücke. Die Stadt war mit einer Stadtmauer gesichert, die 1235 durch die Templer gebaut worden war. Nach dem Verbot der Templer übernahmen die Johanniter den Ort.





Gegen Abend ist ein grosser Menschenauflauf vor der Santiago-Kirche. Ich gehe mit rein, es ist Gedenkgottesdienst, eine Frau ist verstorben. Der ganze Ort ist versammelt.

Nach dem Gottesdienst werde ich im Refugio eingeladen zum Essen. Die meisten Pilger sitzen am Tisch zusammen, einige liegen sehr früh in den Betten, sie sind kaputt von ihren ersten Etappen.