Tag 45: Navarrenx(F)-Ostabat(F), 11h, 12°C



Es hat die ganze Nacht geregnet, morgens hat es zum Glück aufgehört. Nach dem Frühstück im Gite gehen Simon und ich gemeinsam los. Die anderen beiden schlafen noch.



Der Boden ist durch den Dauerregen sehr aufgeweicht und ungemein schwer.



Das habe ich vorher schon ein paarmal gesehen unterwegs, konnte es mit aber nicht ganz erklären. Lange Leitern reichen bis in die Baumspitzen. Ich vermute, dass es sich um Anlagen für die Vogeljagd handelt und in den Bäumen Netze aufgespannt werden.



Die Gegend wird immer hügliger, je näher wir den Pyrenäen kommen. Ich habe einige Jahre in der Nähe des Appenzellerandes in der Schweiz gewohnt, die Landschaften ähneln sich stark.



Die Kommune Aroue-Ithorots-Olhaïby heisst auf baskisch Arüe-Ithorrotze-Olhaibi.



In Olhaiby öffnet uns ein Nachbar die kleine Kirche Saint-Just. Der Nachbar bleibt bei uns, wohl damit wir nichts demolieren oder stehlen. Über dem Altar hängt ein brutales Bild, auf dem der heilige Just oder eine andere bemitleidenswerte Person mit einem Krummsäbel geköpft wird.

Nach einer kleinen Mittagsrast ausserhalb der Kirche, bei der uns die Sonne wärmt, geht es wieder weiter.



Eine schöne Landschaft mit lieblichen Hügeln, Tälern und Bächen. Im Frühjahr muss es hier wunderbar sein, wenn die Wiesen im Saft stehen und die Hecken und Bäume blühen.















Gegen Ende des langen Tages wären wir fast am Stein von Gibraltar vorbeigelaufen, der etwas neben dem Weg steht. Dieser Stein von Gibraltar markiert die Vereinigung der drei klassischen Jakobswege über Paris, Vézelay und die Via Podiensis von Le-Puy-en-Velay. Das Wort Gibraltar hat nichts mit der britischen Exklave in Südspanien zu tun, sondern entstammt dem baskischen Chibaltarem, einer alten Aussprache von Salvatorem. Übersetzt als Retter oder Erlöser handelt sich dabei um einen Ehrentitel, den die frühe Kirche Jesus Christus gegeben hat.



Dann erwartet uns wohl eine ordentliche Steigung.



Der Feierabend will heute verdient sein.



Der Anstieg zur Chapelle de Soyarza wird dann allerdings mit einer grandiosen Aussicht auf die nahen Berge und über das hügelige Baskenland entschädigt.

Noch ganz ausser Atem, wir sind den Hügel aus unerfindlichen Gründen fast hochgerannt, sind wird ganz benommen von der Schönheit der Natur.

Übermorgen werden wir die Berge überqueren!!

Bis wir nach Ostabat kommen, ist es dann aber noch ein ganzes Stück, mit etlichen Höhenmetern. Es ist schon fast Dunkel, als wir endlich ankommen. Die Hosen sind fast gleichmässig braun mit einer dicken Schicht Erde verschlammt.
Der Gite in Ostabat ist allerdings geschlossen. Einen Kilometer hinter dem Ort soll ein weiterer Gite sein, eine Privatunterkunft. Von aussen ist beim Näherkommen alles dunkel. Das wäre bitter, nach einem weiteren 50 km Tag durch schweres Gelände noch weiterlaufen zu müssen in den nächsten Ort mit einer Unterkunft.

Nach einigem Klingeln wird geöffnet, eine freundliche Frau gibt uns ein Zimmer und versorgt unsere verdreckten Stiefel. Wenn sie morgen etwas angetrocknet sind, fällt der Dreck von alleine wieder ab.

Als wir in den Speiseraum kommen gibt es eine Überraschung. Es sind noch drei andere Pilger oder Wanderer da, um die 60 Jahre alt. Alle sprechen französisch, mir soll es recht sein. Es gibt baskische Spezialitäten, fette Wurst, Rührei, Fleisch.
Simon und ich schlagen zu, als gäbe es kein morgen. Dazu natürlich Wein (für mich Wasser) und Schnaps (für mich Wasser).

Das Essen zieht sich lange hin. Als wir endlich fertig sind, falle ich wie ein Stein ins Bett.