Tag 36: Moissac(F)-Auvillar(F), 5h, 8°C



Le-Puy, Conques und Moissac hatte ich mir als Ziele für den jeweils kommenden freien Sonntag eingeplant, und die Etappen unter der Woche dann ungefähr entsprechend eingeteilt. Wobei ich zuhause überhaupt keine Detail-Planung vorgenommen habe, das hat sich unterwegs so ergeben. Für diese Woche kann ich im Pilgerführer allerdings kein rechtes Ziel für den nächsten Sonntag ausmachen. Ich nehme mir vor, die Woche ruhig anzugehen und plane rund 200 km als Wochenstrecke. Das wäre dann etwas mehr als 30 km pro Tag bei 6 Tagen laufen.

Ein sonniger aber kühler Tag bahnt sich an. Die Strecke wird weitgehend eben sein, entlang der Tarn und dann der Garonne.



Die Frühlingsanzeichen verdichten sich. Ohne den kalten Wind entlang des Flusses wäre es wohl ein milder Tag. Ich kann mich heute sogar erstmals im Windschatten eines Baumens eine Weile ins Gras legen und in den Himmel schauen!



Espalais in der Région Midi-Pyrénées, Département Tarn-et-Garonne. 290 Einwohner, zwei davon nutzen die gute Witterung aus und machen einen Spaziergang. Was werden die wohl über mich denken, wenn ich sie gleich überhole?



Der etwas verschlafene Eindruck dieser Gegend kommt nicht nur durch das antike Auto am Strassenrand. Ich möchte nicht behaupten, dass Moissac mit seinen 13-tausend Einwohnern hektisch wäre, aber im Vergleich zu den Dörfern ist es dort natürlich lebhaft.



Ich komme nach Auvillar oberhalb der Garonne, bin etwas über 20 km gelaufen. Es gibt einen Gite hier, der wohl auch geöffnet hat. Der nächste Gite ist rund 15 km entfernt. Heute möchte ich kein Risiko nehmen, nicht wieder ein harter Wochenanfang, der mich dann die ganze Woche hindurch verfolgt. Also soll es gut sein für heute.
Nur 5h gelaufen, ein seltsames Gefühl, mittags schon fertig zu sein. In der Touristeninformation gibt es den Schlüssel zum Gite. Ein ganzes Haus! Ich lege den Rucksack ab und erkunde den Ort.



Wie immer zuerst zur Kirche. Sie war der Mittelpunkt der Dörfer, ist es heute auch noch oft.





Blick über die Garonne, durch das Tal bin ich heute von der rechten Seite gekommen.



Es gibt viele alte Häuser, in den Hinterhöfen verfallen manche davon.



Ein gusseisernes Kreuz mit den vier Evangelisten, wie ich inzwischen gelernt habe. Die Symboldarstellungen verwendet man in der Ikonographie:

* den Engel für Matthäus,
* den Löwen für Markus,
* den Stier für Lukas und
* den Adler für Johannes

Die Symbolik sehe ich oft in den Kirchen, meist sind sie an den Predigtkanzeln angebracht. Unterwegs wie hier sehe ich sie selten.



Ich kann nicht einschätzen, ob sie Säulen vielleicht gar römischen Ursprungs sind. Auf jeden Fall ein recht schmales Haus, vielleicht einmal an die Stadtmauer oder ein Tor angebaut.


Etwas ausserhalb des Ortes finde ich dieses lädierte Gebäude, es ist eine alte Kapelle. Leider verschlossen. Womöglich würde einem die Decke auf den Kopf fallen.



Innerhalb des Ortes hingegen liebevoll restaurierte Häuser. Auvillar ist von der Vereinigung "Die schönsten Dörfer Frankreichs" ausgezeichnet. Les Plus Beaux Villages de France, das hört sich sogar für mich nicht-Französischsprachler schön an.



Der interessante Uhren-Turm, Tour de l'Horloge, begrenzte früher den Ort.

Leider muss ich feststellen, dass montags die Geschäfte geschlossen haben. Immerhin kann ich ein Brot und ein paar Büchsen Bier in einem Tabakladen kaufen. Ich gehe zurück in den Gite, um mir die Notration zu kochen. Dann schaue ich mir den Gite an. Sogar eine Waschmaschine mit Tumbler sind installiert. Ich kann es kaum fassen, als ich in den ersten Stock gehe: es gibt eine (saubere) Badewanne!! Erstmals seit 36 Tagen eine Wanne. Heisses Wasser.

Spüli gibt den besten Badeschaum auf der Welt. Davon bin ich überzeugt, als ich mich in den Schaum lege mit einer Büchse kaltem Bier. Ich weiche mich ein, die Haut wird krebsrot. Sie ist sowieso gut durchblutet von der ständigen Bewegung und der guten Luft, nun kann sie mit dem Hitzeschock kaum umgehen.

Ich geniesse. Ich kann mir jetzt nichts Schöneres auf dieser Welt vorstellen.