Tag 9: Serrières-en-Chautagne(F)-Yenne(F), 8h, -1°C



Durch die Auen der Rhône, Uferabschnitte werden gerade renaturiert.



Leere Wegkapelle nach dem Aufstieg aus Chanaz. Wieviele Pilger mögen hier oder in der Hütte über der Strasse schon übernachtet haben oder vor schlechtem Wetter geflüchtet sein.



Im Vorfeld zum Camino habe ich Die Sterne von Compostela von Henri Vincenot gelesen. Die etwas esoterische Geschichte eines französischen Waldroder-Jungen im Mittelalter, der auf Umwegen dazu kommt, nach Santiago zu pilgern. Die Roder hier versetzen mich in diese Zeit zurück, auch wenn die Werkzeuge inzwischen effektiver sind.



Die Roder leisten ganze Arbeit.



Blick auf den Canal de dérivation du Rhône.




Ortseingang Vetrier.



Vetrier ist einer der viele kleinen Weiler, durch die der Jakobsweg geht. Für mich ist ein Ort erst dann ein vollwertiger Ort, wenn er eine Bar oder ein kleines Geschäft hat. Wobei zur Zeit wohl ein grosses Bar-Sterben in den ländlichen Regionen Frankreichs grassiert.



Vraisin. Das Ortseingangs-Schild ist an einem Sackgasse-Schild befestigt.



Wehr am Canal de dérivation du Rhône.



Jongieux ist ein Weinort. Cru-Lage innerhalb der Appellation Vin de Savoie mit Weißweinen aus Chardonnay und Jacquère sowie Rotweinen aus Mondeuse, Pinot Noir und Gamay. (Quelle: http://www.wein-plus.de/glossar/Jongieux.htm)



In Frankreich sehe ich desöfteren Backhäuschen, die dem Anschein nach noch benutzt werden. Ob sie gemeinschaftlich genutzt werden, ist mir nicht bekannt. Ich treffe unterwegs auch kaum Menschen, die ich danach fragen könnte.



Croix Genot, nach dem Aufstieg durch die Weinberge von Jongieux.
Die Weinbauern schneiden um diese Jahreszeit die Reben bei. Ich bin überrascht von ihren Rebscheren - pneumatisch betrieben, auf dem Rücken tragen sie den Kompressor wie einen Rucksack. Bei diesen grossen Flächen ist das auch angebracht.



Blick zurück vom Croix Genot oberhalb von Jongieux. Ich bin rechts an den Hängen entlang gekommen.



La Chapelle de St-Romain, mit Skulpturen neueren Datum. Der höchste Punkt für heute, etwas oberhalb Croix Genot.



Erst lächle ich über den Hinweis: "Achtung! Dieser Weg führt an der steil Küste entlang.
Bitte ziehen sie gute Wanderschuhe an. Seien Sie vorsichtig. Verlassen Sie den Weg nie, passen Sie auf Ihre Kinder auf."

Dann verstehe ich, warum das Schild da steht. Ich wage es nicht, mir auszumalen was passiert wäre, wenn ich da nachts entlanggehumpelt wäre wie vor Frangy vorgestern.



Der Weg führt knapp neben der ungesicherten Kante entlang. Es geht senkrecht runter, ich schätze 200 m tief.
Schwieriger und sehr steiler Abstieg, selbst bei Tag und Vollbesitz der Kräfte.



Dann geht es entlang der Rhône. Auf einmal zucke ich zusammen, ein Jogger drückt sich an mir vorbei. Ich habe ihn nicht kommen hören, obwohl es fast still ist, ausser dem Wind und dem Fluss ist nichts zu hören. Dann sehe ich, warum ich ihn nicht haben kommen hören: er läuft in kurzen Hosen ... barfuss. Bis zu den Knien mit Schlamm bespritzt, aber barfuss. Cool, die Franzosen.



Mein geplantes Ziel für heute, Yenne. Gemütliches Provinzstädtchen mit 2600 Einwohnern. Mal sehen, ob und wo ich unterkommen kann.



Die Kirche Notre-Dame de l' Assomption aus dem 12. Jhd. in Yenne.



Schöne Lichtspiele durch die alten, bunten Fenster. Baulich wurde augenscheinlich viel verändert über die Jahrhunderte.



Die Ruhe und Ausstrahlung in solch einer Kirche ist eindrucksvoll.



Die Toten des ersten Weltkriegs sind in der oberen Tafel aufgelistet, rund 75 Tote. Die 10 Toten des zweiten Weltkriegs darunter. In Deutschland ist das Verhältnis wohl 1:1.
Für Volk und Vaterland. Ob einer der Toten hier vielleicht einen der Toten auf den Tafeln, die ich in Deutschland kenne, totgemacht hat?

Was für ein Wahnsinn.

Ich trinke ein Café in einer Bar, kaufe Lebensmittel für heute Abend. Im Kapuzinerkloster komme ich nicht unter, es wäre meine erste Übernachtung in einem Kloster. Ich bin etwas enttäuscht, ich komme vielleicht nicht wegen des Schmutzes an meiner Hose und den Schuhen rein. Einen Gite gibt es nicht, dafür kann in einem Hotel-Restaurant übernachten. Eigentlich ist es geschlossen, der Besitzer kommt gerade aus dem Urlaub und öffnet offiziell erst morgen. Ich darf trotzdem rein. Aber nichts mit Kochen hier, ich esse halt Brot mit Käse.
Es gibt einen Fernseher, den ersten seit meiner Abreise. Nichts interessantes. Nichts verpasst.