Die Nacht war klar, daher ist es sehr kalt am Morgen. Ich werde heute im Auto nach Konstanz gefahren, meinem Startpunkt am Bodensee. Wir planen dem süddeutschen Jakobsweg zu folgen, der über Würzburg, Rothenburg, Crailsheim, Ulm, Weingarten nach Konstanz führt.
Wir werden über Tauberbischofsheim, Bad Mergentheim nach Crailsheim fahren, um auf diesen Jakobsweg zu stossen.
Auf der Höhe nach Bad Mergentheim ist es bitterkalt. Ein sonniger Wintertag mit klarer, kalter Luft und entsprechend guter Sicht. Die Kälte nimmt fast den Atem, wenn man aus dem Auto steigt.
Schainbach ist ein kleiner Weiler, mit ein paar Bauernhöfen und einer alten Kirche. Den Schlüssel gibt es beim Nachbarn.
Die evangelische Kirche in Schainbach ist dem heiligen Jakob geweiht, ein beinahe untrügliches Zeichen dafür, dass der Jakobsweg im Ort vorbeiführt.
Einige Kilometer hinter Schainbach steht bei Wallhausen die Anhäuser Mauer. Mitten auf dem Acker sind die Reste des Chorraums eines Pauliner-Eremitenklosters, von dem weiter nichts geblieben ist als eben diese Mauer. Nichts in der Umgebung deutet sonst auf eine Siedlung hin, nur Wald und Ackerland.
Weiter geht es nach Crailsheim, einer Stadt auf der Hochebene im Hohenlohischen. Schwer von Kriegsschäden getroffen, hat die Johannes Kirche mit einer Jakobsdarstellung auf dem Altar glücklicherweise die sogenannte Schlacht um Crailsheim überstanden, bei der am 20. April 1945 die historische Innenstadt zu 95 % zerstört wurde.
Der Altar aus der Werkstatt von Michael Wolgemut, dem Lehrer Albrecht Dürers (Nürnberg, Ende 15.Jh.) zeigt auf der Rückseite ein Bild des Jakob in Pilgerkleidung und mit Muschel.
Schiff der Johanneskirche, im Stil einer spätgotischen Bettelordenskirche der Franziskaner, 1398 bis 1440 erbaut, mit dem alten Taufstein.
Nach etlichen Kilometern durch das herrlich winterliche Süddeutschland kommen wir in Ulm an. Das Ulmer Münster hat mit seinem 162m hohen Turm den höchsten Kirchturm der Welt aufzuweisen. Erbaut wurde das Münster über einen langen Zeitraum von 1377 an.
Trotz des Bildersturms im Zuge der Reformation, bei dem die meisten Kunstschätze zerstört wurden - inklusive 60 Altären und dem Hauptaltar, ist das Innere der Kirche immer noch sehr beeindruckend.
In Ulm stösst der historisch bedeutsame Jakobsweg aus Nürnberg auf den Weg aus Würzburg. Auf dem Nürnberger Weg kommen Pilger aus dem Osten Europas, beispielsweise via Tillyschanz.
Die schwäbische Alb unter Schnee.
Nach weiteren 60km Ankunft im Kurort Bad Waldsee, der auch auf dem Jakobsweg liegt. Für Fussgänger und Radfahrer ist der Weg voll ausgeschildert.
Die Stiftskirche von Bad Waldsee.
Weiter geht es nach Weingarten, zur Benediktinerabtei St.Martin. Das Kloster und die Kirche sind eine Hauptsehenswürdigkeit der Oberschwäbischen Barockstraße. Später in Einsiedeln werde ich die grosse Ähnlichkeit der Bauwerke feststellen.
Es ist hier so kalt, dass sogar das Weihwasser im Vorraum der Kirche eingefroren ist.
1715-1724 wurde die große, reich ausgestattete, barocke Klosterkirche neu erbaut, die seit 1956 den päpstlichen Ehrentitel Basilika (Basilica minor) trägt. Sie sollte inmitten einer idealtypischen Klosteranlage stehen. Der Idealplan des Klosters konnte jedoch nur teilweise in die Wirklichkeit umgesetzt werden.
In der Kirche sehe ich eine interessante Abbildung von Maria mit ihrem Kind im Arm an einem Pfeiler. Was mögen die Symbole bedeuten?
Inzwischen weiss ich mehr:
"In der Offenbarung des Johannes sieht der Glaube das Geheimnis der lmmaculata dargestellt:
'Ein großes Zeichen erschien am Himmel: eine Frau mit der Sonne bekleidet, den Mond unter ihren Füßen und auf ihrem Haupt einen Kranz von zwölf Sternen' (Offb 12, 7).
Auf dem vorliegenden Bild fehlen die Sterne und die explizite Darstellung der Schlange, die durch einen nach unten schauenden Kopf ersetzt ist.
Maria ist mit der Sonne umkleidet, wir sehen die Strahlen von ihrem Leib ausgehen. Mit der Sonne umkleidet sein heißt: mit Christus umkleidet zu sein. Nicht mit einem äußeren Gewand, sondern mit dem, was im Innern ist und nach außen sichtbar wird. Die wahre Schönheit des Menschen ist die, die von innen kommt.
Maria steht auf dem Mond. Der Mond ist Symbol für die Unbeständigkeit, da seine Gestalt immer wieder wechselt. Gemeint ist die Unbeständigkeit und Wankelmütigkeit des Menschen vor Gott. Sie ist bei Maria nicht zu finden. Die Schlange als Symbol des Versuchers und seiner Macht über den Menschen, hängt zu Füßen Marias (hier der Kopf anstelle Schlange) .
Da Gott Maria dem Herrschaftsbereich des Bösen entzogen und selbst Wohnung in ihr bezogen hat, wurde symbolhaft in Maria der Schlange der Kopf zertreten. Damit begann die Erfüllung der Verheißung an Eva, dass der Spross der Frau der Schlange den Kopf zertreten werde (vgl. Gen 3, 15)."
nach http://mariendom.de/gnadenbild/gnadenbild.htmlIm Seiteschiff der Kirche ist noch eine grosse Krippe aufgebaut, das Lebenswerk eines lokalen Künstlers, eines Schäfers.
Bei Meersburg setzen wir in der untergehenden Sonne mit der Fähre über den Bodensee. Zurück in Konstanz, das ich seit vielen Jahre kenne und wo ich einige Jahre als Student gewohnt habe.
Ich bin an meinem Ausgangsort angekommen. Was wird die kommende Zeit bringen?